TV-Tip: MDR-Dokumentarfilm über das Kaßberg-Gefängnis

10. Dezember 2012
Am Dienstag, 11. Dezember 2012 um 20:45 Uhr sendet das MDR-Fernsehen in der Reihe „Der Osten – Entdecke wo du lebst“ einen Film über das Kaßberg-Gefängnis und den deutsch-deutschen Gefangenenfreikauf.
Der Film „DDR geheim: Vom Chemnitzer Kaßberg in den Westen“ von Beate Gerber erzählt von einem der dunkelsten Kapitel der DDR-Geschichte: „Freikauf“ lautet der Terminus für eines der geheimsten und bis heute umstrittensten aller deutsch-deutschen Geschäfte. Gegen Diamanten, Erdöl, Südfrüchte und Devisen. Am Ende spülte dieser Menschenhandel rund 3,5 Milliarden D-Mark in die klammen Kassen Ostberlins. Auf bundesdeutscher Seite wurde er als „besondere humanitäre Bemühungen“ bezeichnet. Ein Deal, der jahrzehntelang im Verborgenen blieb, aber mehr als zweieinhalb Jahrzehnte realer Alltag im geteilten Deutschland war.
Der Film lässt diese ehemaligen Häftlinge zu Wort kommen, deckt die geheimen Deals zwischen DDR und Bundesrepublik auf und berichtet von Hintergründen und Abläufen der Freikäufe.
Axel Bulthaupt verfolgt die Spuren dieses dunklen Kapitels der DDR-Geschichte, zeigt wie sich das frühere Stasi-Gefängnis mit geheimer Mission in das Gesicht des heutigen Kaßberg-Viertel integriert und blickt auf die unbestimmte Zukunft eines Ortes des Gedenkens und Erinnerns an die Opfer der SED-Diktatur.
Sendetermin: Dienstag, 11. Dezember 2012 um 20:45 Uhr im MDR-Fernsehen
http://www.mdr.de/tv/programm/sendung200462.html

Westware aus dem Ostknast

9. Juli 2012

Mit der DDR-Häftlingsarbeit dokumentiert die ARD ein besonderes Kapitel deutsch- deutscher Geschichte.

 Wäre es rausgekommen, so hätte es alle schlimm getroffen, urteilt die Autorin über jene Kassiber, die Frauen aus dem Gefängnis Hoheneck bei Chemnitz zwischen die Bettwäsche schmuggelten, die sie für das Versandhaus Quelle genäht hatten: Den Gefangenen wäre eine hohe Strafe sicher gewesen. Quelle hätte einen Skandal ausgelöst, wäre bekannt geworden, unter welch katastrophalen Arbeitsbedingungen ihre Produkte im Ost-Knast entstanden. Und die DDR hätte mit Quelle wohl einen lukrativen Kunden verloren. So waren die heimlichen Kassiber, die Kunden in der Quelle-Wäsche fanden und an den Konzern schickten, für den damaligen Vorstandsvorsitzenden Willi Harrer eben „unpolitisch“ und „einfach nur Grüße aus dem Ost-Knast an den Westen“. Und so schwieg man nicht nur bei Quelle, sondern auch bei Ikea und anderen Firmen, die bestens verdienten mit DDR-Produkten aus der Häftlingsproduktion. Deren Palette reichte von Strumpfhosen, Möbeln, Kamerateilen bis hin zu elektrischen Haushaltgeräten.

In der ARD-Reihe „Geschichte im Ersten“, die vom MDR produziert wurde, greift die Autorin Anne Worst dieses Thema auf. Sie zeigt, welche beträchtlichen Umfänge diese zweifelhafte Form der deutsch-deutschen Geschäftemacherei erreicht hatte. Zweifelhaft deshalb, weil es um die Arbeitsbedingungen in den Produktionsstätten der DDR-Gefängnisse schlimm stand und weil Häftlinge im Osten ganz anders bestraft wurden als im Westen, wenn sie die Arbeit verweigerten. Fernsehverbot im Westen und verschärfter Arrest im Osten waren die Konsequenzen, so ist es dem Film zu entnehmen.

Selten gezeigte Aufnahmen aus DDR-Haftanstalten, zahlreiche Fakten über die Entwicklung des deutsch-deutschen Warenverkehrs und ungeschminkte Berichte zahlreicher Zeitzeugen aus Ost und West machen den Film zu einem durchaus wertvollen Kapitel Zeitgeschichte. Mit Waldheim, Hoheneck und Dresden liegen zudem viele Handlungsorte in Sachsen.

Artikel von Thomas Schade, Sächsische Zeitung,  9. Juli 2012


Brief der Regisseurin Kristin Derfler an die Frauen von Hoheneck

12. November 2011

Liebe Frauen von Hoheneck,

mit der überwältigenden Ausstrahlung der beiden Filme am Mittwoch ist für uns ein langer Weg erfolgreich zu Ende gegangen, der von vielen Felsbrocken überlagert war.

Wir sind glücklich und sehr erleichtert, dass dieser Abend im Hauptprogamm der ARD zur primetime stattgefunden hat und wir hoffen, nach dem Anschauen der stark gekürzten und veränderten Fernsehdoku, seid ihr immer noch zufrieden mit dem Ergebnis. Unsere lange Fassung gibt es bei der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur unter dem Titel „Ein Tag zählt wie ein Jahr“.

Wir möchten euch danken, für euer Vertrauen, das ihr uns in den letzten Jahren geschenkt habt, denn dieser Mut, EUER Mut ist Millionenfach gesehen und belohnt worden. Fast sechs (6!) Millionen Zuschauer bundesweit haben sich zwei Stunden an diesem Abend, dem 9. November 2011, mit euren Schicksalen und Hoheneck beschäftigt.

Für uns war die gemeinsame Zeit mit euch sehr bewegend. Wir haben viele tolle Frauen und spannende Persönlichkeiten kennenlernen dürfen und dafür sind wir sehr dankbar.

Jede von euch hätte es verdient, einzeln gewürdigt und vorgestellt zu werden. Aber auch wir sind nicht „frei“ und mußten Kompromisse machen. Deshalb mußten wir auch irgendwann bestimmte Entscheidungen treffen, sie sind uns nicht leicht gefallen, aber wir sehen in den vier exemplarisch vorgestellten Frauenschicksalen und ihren Familien JEDE EINZELNE von euch: Ihr seid Kameradinnen, trotz der vielen, sehr unterschiedlichen Schicksale zu unterschiedlichen Zeiten und vor allen Dingen seid ihr in euren Seelen vereint, in einer für euch alle überaus schmerzvollen Leidenszeit. Dessen solltet ihr euch immer bewußt sein.

Es ist nicht vorbei – so lautet der Titel des Spielfilms. Vieles ist nicht vorbei, noch lange nicht bewältigt und aufgearbeitet. Aber ein kleiner, bescheidener Anfang ist gemacht: Heute kann keiner mehr sagen, er oder sie habe noch nie etwas vom Frauengefängnis Hoheneck gehört.

Wir wünschen euch weiterhin viel Kraft für euren Kampf für eine würdige Gedenkstätte und ihr könnt stets auf unsere Unterstützung zählen.

Genießt den Erfolg, liebe Hoheneckerinnen – es ist in erster Linie und ganz allein EUER Erfolg!

Unser spezieller Gruss richtet sich an die Kinder und Familienangehörigen der Hoheneckerinnen. Ihnen gebührt unser Respekt, denn sie mußten mit den Folgen ihrer eingesperrten Mütter und Väter alleine zurecht kommen.
Das Schlimmste am Schlimmen ist, nicht darüber reden zu können. Deshalb: Hört nie auf Fragen zu stellen und sucht das Gespräch.

Herzliche Grüsse,

Eure Filmemacher Kristin Derfler+Dietmar Klein


ARD-Spielfilm „Es ist nicht vorbei“

12. November 2011

Der kürzlich in der ARD gesendete Spielfilm „Es ist nicht vorbei“ wurde von knapp 6 Millionen Menschen in der Bundesrepublik gesehen (Quote lt. ARD 18,3%). Die sich anschließende Dokumentation „Die Frauen von Hoheneck“ von Kristin Derfler und Dietmar Klein erreichte mit 17,3 % Quote ebenfalls sehr viele Menschen. Trotz der Freude über dieses ausgezeichnete Ergebnis, wurde die Ausstrahlung überschattet von einem Bericht über die Stasi-Verstrickungen des Schauspielers Ernst-Georg Schwill, der passenderweise auch noch einen Ex-Führungsoffizier der Stasi darstellte. Um ein Haar wäre der Film deshalb sogar auch dem Programm genommen worden! Dabei war die Stasitätigkeit von Schwill offensichtlich schon länger bekannt. Die Vereinigung 17.Juni 1953 e.V. berichtet:

„Tatsächlich hatte die BILD am SONNTAG und im Gefolge zahlreiche Zeitungen bereits 2006 über die Vorwürfe gegen den TATORT-Schauspieler breit und umfassend berichtet, wie Recherchen des Fördervereins BuG Hoheneck zwischenzeitlich ergaben. Insoweit war der gestrige hier veröffentlichte Vorwurf gegen BILD unzutreffend, BILD sei seiner Aufklärungspflicht nicht oder unzureichend nachgekommen. Auch der Autor des gestern in BILD veröffentlichten  Artikels, Hans Wilhelm Saure, hatte bereits 2006 ausführlich in BILD am SONNTAG über diesen Komplex berichtet.

Auffällig in dieser vor fünf Jahren verbreiteten Information sind die vielfach zitierten Anfragen an den RBB, der zusammen mit dem SWR und dem Film-Studio Hamburg den Hoheneck-Film produziert hatte. Der RBB hatte seinerzeit „eine Prüfung der Vorwürfe“ zugesagt, diese Prüfung aber offensichtlich nicht oder nur unzureichend durchgeführt. Jedenfalls scheinen danach die RBB-Verantwortlichen durchaus in der Lage gewesen zu sein, ihre Produktions-Partner vor einer Besetzung der Rolle des einstigen Führungsoffiziers mit dem offenbar Stasi-belasteten Schauspieler zu warnen oder gar nicht erst zuzulassen. Es stellt sich hier aus unserer Sicht, der einstigen Verfolgten  des DDR-SED-Regimes nicht die Frage nach einem ARD-Skandal, wie BILD titelte, sondern die Frage nach einem möglichen Skandal im RBB: „Wir erwarten eine solide und konsequente Prüfung der Vorgänge und Abläufe im Sender, damit in Zukunft derartige Pannen nicht mehr passieren,“ erklärte die Vorsitzende des Hohenecker Vereins nach Kenntnis der Fakten. Es sei ein erheblicher Unterschied, ob „der Sender trotz dieser Vorwürfe eine bekannte Krimi-Serie mit einem ehemaligen Stasi-Mitarbeiter besetze, was an sich schon schlimm genug sei. Nicht hinnehmbar sei die Besetzung in einem derart wichtigen Film, der gerade die Verstrickungen eines Stasi-IM und die daraus resultierenden Langzeitfolgen  für die Opfer zum  Thema habe.“

Trotzdem bleibt Sterneberg dabei: “Unabhängig von diesen Vorwürfen, die uns alle überrascht und schockiert haben, sei die Rolle von Schwill überzeugend und frappierend echt gespielt worden.“ Vielleicht habe er damit im Nachhinein einen  wichtigen  Beitrag geleistet und habe so als Belasteter einen eindrücklichen Blick in die heutige Psyche ehemaliger Stasi-Obristen ermöglicht.

Schwill lag mit seiner 2006 selbst geäußerten Befürchtung offenbar bisher falsch: „Jetzt beginnt die Hexenjagd. Ich bekomme wohl keine Arbeit mehr“, hatte er seinerzeit gegenüber dem Berliner Kurier geäußert. Denn  seit der ersten Aufdeckung seiner offenbaren Verstrickungen konnte sich der Schauspieler über Einschränkungen seiner schauspielerischen Tätigkeit nicht beklagen.“

 

 

 


Gesicht zur Wand

9. November 2010

HINWEIS: Erstausstrahlung des Dokumentarfilms „Gesicht zur Wand“ von Stefan Weinert im deutschen Fernsehen am 11. November 2010 um 23:30 Uhr auf rbb.

Fünf Menschen, die versucht haben, aus der DDR zu fliehen, erzählen von ihren Beweggründen, ihrem Fluchtversuch, der Inhaftierung, den Haftbedingungen und dem Leben danach. Fünf Stimmen von 72.000, die als sogenannte „Republikflüchtlinge“ einen Teil ihres Lebens in Stasi-Haft verbringen mussten und zum Teil bis heute damit beschäftigt sind, dieses Trauma zu verarbeiten.

Bild zum Film: Gesicht zur Wand, Quelle: rbb/Stefan Weinert

Anne K., Catharina M., Mario R., Andreas B. und Lothar R. öffnen sich dem Regisseur Stefan Weinert und seinem Team, haben Vertrauen gefasst, sind noch einmal an die Orte ihrer Gefangenschaft zurückgekehrt und sprechen offen über die entwürdigenden Erlebnisse, die sie bis heute stark beschäftigen. Fast alle sind in therapeutischer Behandlung, einige nicht mehr arbeitsfähig. Sie werden in ihren Träumen von den Erinnerungen heimgesucht und können sich nicht lange in zu engen Räumen aufhalten. „Diese Wunden auf der Seele, die sieht man nicht“, sagt Anne K.

Der Film schafft es durch seine Anteilnahme und seine intensive Aufmerksamkeit, dass fünf verdrängte persönliche Geschichten erzählt werden. Und ist damit selbst ein wichtiges Mittel gegen die Verdrängung und das Vergessen.

Gesicht zur Wand
Dokumentarfilm Deutschland 2009

Regie: Stefan Weinert

Quelle: http://www.rbb-online.de/filmzeit/filmzeit/genres/dokumentarfilm/gesicht_zur_wand.html

Trailer zum Film: hier.


Drehbeginn

5. Oktober 2010

Drehstart für Fernsehfilm „Hoheneck war gestern“ mit Anja Kling, Ulrich Noethen und Tobias Oertel

Baden-Baden (ots) – Eine unerwartete Begegnung zwingt eine junge Frau, sich mit ihrer Vergangenheit als Gefangene der Stasi auseinanderzusetzen: In Berlin beginnen heute die Dreharbeiten zu dem Fernsehfilm „Hoheneck war gestern“ (AT), den der SWR mit dem RBB für das Erste in Auftrag gegeben hat. Es produziert die Studio Hamburg FilmProduktion, Franziska Meletzky inszeniert nach einem Drehbuch von Kristin Derfler und Clemens Murath. In den Hauptrollen spielen Anja Kling, Ulrich Noethen und Tobias Oertel, in weiteren Rollen werden Melika Foroutan, Kirsten Block, Marie Gruber und Justus Carrière zu sehen sein. Bis zum 29. Oktober wird in Berlin, Brandenburg und Hoheneck gedreht.   mehr


Hoheneck-Dokumentation bei SPIEGEL TV

16. November 2009

Am 14.11.2009 lief auf Vox um 20:15 eine sehr interessante Dokumentation über das berüchtigte Frauenzuchthaus Hoheneck in Stollberg.  Ein Zuschauer, Horst Müller, beschrieb im Blog Blogmedien seine Eindrücke zur Sendung:

In der “Spiegel TV”-Dokumentation über das Frauengefängnis Hoheneck werden alle diejenigen Lügen gestraft, die auch heute noch das DDR-Unrechtregime in irgendeiner Weise glorifizieren wollen.

betten215. November 2009. In den vergangenen 20 Jahren habe ich viel über die DDR gehört, gesehen, gelesen, mit Zeitzeugen gesprochen – und für Zeitungen oder im Radio darüber berichtet. Kaum zuvor hatte ich beim Thema DDR-Vergangenheit allerdings so ein beklemmendes Gefühl, wie am Samstagabend, als ich eher zufällig bei “VOX” die “Spiegel TV”-Dokumentation “Eingesperrt, um frei zu sein” sah. Die Autoren Susanne Gerecke und Kay Siering schildern darin hautnah, glaubhaft und beklemmend die Schicksale von Frauen, die aus politischen Gründen, zumeist wegen versuchter Republikflucht, in dem geheimen Gefängnis Hoheneck im Erzgebirge gefangen gehalten, gedemütigt, entwürdigt und auch gefoltert wurden.

Mir ist selbstverständlich seit langem bewusst, dass in den Stasi-Gefängnissen vielfach unmenschliche Zustände herrschten. Schon Ende November 1989 hatten mich Mitglieder des “Neuen Forums” in Schwerin mit kurz zuvor befreiten Untersuchungshäftlingen der Stasi zusammengebracht. Die zwei Frauen und drei Männer, die ich seinerzeit traf, machten Andeutungen über “schlimme Zustände”, die im Keller des früheren Bezirks-Hauptquartiers der Stasi in der heutigen Hauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern herrschten. Sie mochten damals allerdings (noch) nicht über Einzelheiten ihrer bis zu sechsmonatigen Untersuchungshaft sprechen.

In den folgenden Monaten und Jahren gerieten die Verbrechen des DDR-Regimes in den Medien zusehends in Vergessenheit – so mein Eindruck, zumindest aus heutiger Sicht. Es gab schließlich vermeintlich wichtigere Themen: die ersten freien Wahlen in der DDR, die Währungsunion, die deutsche Vereinigung, Landtagswahlen in den neuen Bundesländern sowie schließlich die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der deutschen Einheit.

Umso wichtiger und anerkennenswerter ist es deswegen, dass sich “Spiegel TV” in der rund zweistündigen Dokumentation “Eingesperrt, um frei zu sein” eingehend mit  menschenverachtenden Methoden des DDR-Unrechtssystems befasst. Dargestellt wird darin unter anderem das Schicksal von Manuela Polaszczyk. Sie war gerade 20 Jahre alt, als sie in das Frauengefängnis Hoheneck kam, weil sie zuvor bei ihrem Fluchtversuch über die Ostsee gefasst wurde. In der Dokumentation berichtet sie von den Demütigungen und unmenschlichen Haftbedingungen, denen sie 14 Monate lang – bis zu ihrem “Freikauf” durch die Bundesrepublik – ausgesetzt war.

Die “Politischen” standen in der “Hierarchie” auf der untersten Stufe

Die Zellen in Hoheneck waren mit bis zu 21 Gefangenen belegt. In der “Hierarchie” der Anstalt standen die “Politischen”, zu denen auch Manuela Polaszczyk zählte, auf der untersten Stufe, weit hinter Mörderinnen und anderen Gewaltverbrechern. Brutale Übergriffe unter den Insassen waren nahezu an der Tagesordnung. Hinzu kamen Erniedrigungen und auch Folter durch das Aufsichtspersonal. Eine “beliebte Methode” der Wärterinnen sei gewesen, den Gefangenen die Enden von Gummiknüppeln auf die Wangen zu stoßen – so wurden sichtbare Verletzungen vermieden. Manuela Polaszczyk wurde nach eigenen Angaben stundenlang unter einer kalten Dusche angekettet und versuchte dabei verzweifelt wenigstens ihren Kopf den kalten Strahlen zu entziehen.

Eingangsbereich

Auch weitere Mitgefangene berichten in der “Spiegel TV”-Doku von Foltermethoden in Hoheneck. Mindestens bis in die 70er Jahre wurden weibliche Gefangene selbst wegen geringer Verstöße in eine sogenannte Wasserzelle im Kellergewölbe des Burg-Gebäudes eingesperrt. Nach stundenlangem Stehen in mit Fäkalien durchsetztem eiskalten Wasser erlitten die Frauen nach Darstellung einer Ärztin immer wieder unglaublich schmerzhafte Nierenkoliken. Neben der physischer Gewalt wurden die Gefangenen in Hoheneck auch psychischer Folter ausgesetzt. Zum “Instrumentarium” des Aufsichtspersonals gehörten Beschimpfungen, Einzelhaft und nicht zuletzt der Entzug von Briefen der Angehörigen, die ohnehin höchstens einmal wöchentlich und nur nach ausführlicher Kontrolle durch die “Erzieherinnen” zugestellt wurden.

In der Dokumentation kommen auch zwei ehemalige Aufseherinnen zu Wort, die beide bestreiten, den Gefangenen jemals Gewalt angetan zu haben und sich heute auf eine Art “Befehlsnotstand” berufen: “Wir haben nur die Befehle ausgeführt”, rechtfertigt eine von ihnen das strenge Regiment der Wärterinnen. Obwohl die Haftanstalt offiziell dem DDR-Innenministerium unterstand, kamen die “Befehle” vor allem von der Staatssicherheit, die auch Spitzel in die Zellen einschleuste. Als Stasi-Spitzel wurde nach der “Wende” auch der Vater von Manuela Polaszczyk überführt, zu dem sie eigentlich über die Ostsee in den Westen fliehen wollte – eine besonders bittere Ironie des Schicksals.

Über ihre 14 Monate in Hoheneck sagt die tapfer wirkende Frau heute: “Als ich dort ankam, war ich ein kleines, naives Etwas. Als ich rausging, habe ich mich gewundert, dass ich überhaupt noch lebe. Ich war um 50 Jahre gealtert. Geistig, körperlich, seelisch.” Sie straft  damit alle diejenigen Lügen, die auch heute noch das DDR-Unrechtsregime in irgendeiner Weise glorifizieren wollen.